Agora Energiewende und Agora Industrie haben eine neue Studie veröffentlicht, die die Bedeutung von Wasserstoffimporten für eine klimaneutrale Industrie und Stromversorgung in Deutschland betont. Die Organisationen, die sich auf die Förderung der Energiewende und nachhaltiger Industrielösungen konzentrieren, zeigen auf, dass bereits Mitte der 2030er Jahre erhebliche Mengen erneuerbaren Wasserstoffs aus der erweiterten europäischen Nachbarschaft nach Deutschland importiert werden könnten. Vorausgesetzt dafür ist ein zügiger Ausbau der notwendigen Pipelines.
Laut der Studie könnten bis zu 100 Terawattstunden (TWh) grüner Wasserstoff jährlich importiert werden, was einen wesentlichen Teil des von der Bundesregierung prognostizierten Neubedarfs decken würde. Pipelines stellen dabei den kostengünstigsten Transportweg dar, da bestehende Erdgasleitungen für den Wasserstofftransport umgewidmet werden könnten.
Simon Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland, betont die Notwendigkeit einer sicheren und kostengünstigen Versorgung mit erneuerbarem Wasserstoff für die Klimaneutralität. Die Bundesregierung müsse nun die Weichen für den Bau der Produktions- und Pipelineinfrastruktur stellen und über geeignete Quoten und Förderprogramme Investitionssicherheit schaffen.
Die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung vom Juli 2023 geht von einem Neubedarf von 40 bis 75 TWh Wasserstoff bis 2030 aus, der in den Folgejahren weiter ansteigen wird. Das Agora-Bericht beziffert das Importpotenzial für 2030 auf 17 TWh grüner Wasserstoff, ergänzt durch 15 TWh blauen Wasserstoff und 11 TWh aus heimischer Produktion. Schon 2035 könnten bei entsprechendem Pipelinenausbau bis zu 100 TWh grüner Wasserstoff importiert werden, was – zusammen mit der heimischen Produktion – große Teile des Bedarfs decken würde.
Besonders vielversprechend ist der Importkorridor aus den windreichen Nordseeanrainern wie Dänemark und Norwegen. Diese Regionen könnten Deutschland geografisch vorteilhaft mit grünem Wasserstoff versorgen, ohne Pipelines durch Drittländer verlegen zu müssen. Längerfristig könnten auch Importe aus südeuropäischen und nordafrikanischen Ländern wie Spanien und Tunesien relevant werden.
Neben den Pipelineimporten könnten auch Schiffsimporte von Zwischenprodukten wie Eisenschwamm und Ammoniak aus Übersee eine kostengünstige Ergänzung darstellen. Diese Produkte sind leichter zu transportieren und könnten die Kosten der Industrietransformation in Deutschland senken.