Dekarbonisierung der Zementherstellung

Aus dem Bau­we­sen ist Be­ton nicht weg­zu­den­ken. Für die Pro­duk­ti­on von Be­ton wird vor al­lem Ze­ment be­nö­tigt, des­sen Her­stel­lung ein emis­si­ons­in­ten­si­ver Pro­zess ist. Das Pro­blem da­bei: Die Emis­si­o­nen las­sen sich nicht durch ei­nen Ener­gie­trä­ger­wech­sel ver­mei­den, sie ent­ste­hen auch aus dem Her­stel­lungs­pro­zess selbst. Um die Her­stel­lung von CO2-frei­em Ze­ment und Be­ton zu er­mög­li­chen, ist so­mit glei­cher­ma­ßen ei­ne Um­stel­lung auf re­ge­ne­ra­ti­ve Ener­gien so­wie die Ab­schei­dung, Spei­che­rung und dau­er­haf­te La­ge­rung des Koh­len­stoff­di­o­xids über Carbon Capture and Storage (CCS) oder die Nut­zung des Koh­len­stoffs über Carbon Capture and Utilization (CCU) Tech­no­lo­gien not­wen­dig.

In Deutsch­land gab es im Jahr 2020 ins­ge­samt 54 Ze­ment­wer­ke. Die Ze­ment­in­dus­trie bie­tet rund 8.000 Be­schäf­tig­ten Ar­beit, die rund 35 Mil­li­o­nen Ton­nen des Grund­stoffs her­stel­len. Der Um­satz der Bran­che liegt bei rund 3,1 Mil­li­ar­den Eu­ro pro Jahr. Die Ze­ment­in­dus­trie ist so­mit selbst be­reits ein wich­ti­ger Wirt­schafts­zweig und gleich­zei­tig ei­ne Schlüs­sel­bran­che für das ge­sam­te Bau­we­sen. Gleich­zei­tig ist die Ze­ment­her­stel­lung sehr Ener­gie- und CO2-in­ten­siv, wo­durch auch die Be­ton­her­stel­lung Koh­len­di­o­xid ver­ur­sacht.

Die De­kar­bo­ni­sie­rung der deut­schen Ze­ment­her­stel­lung löst ei­nen gro­ßen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess aus. Nur mit den rich­ti­gen Rah­men­be­din­gun­gen für die ge­sam­te Wert­schöp­fungs­ket­te von Ze­ment und Be­ton kann die Kli­ma­neu­tra­li­tät des Bau­stoffs un­ter Bei­be­hal­tung der Tech­no­lo­gie­füh­rer­schaft er­reicht wer­den. In den letz­ten Jahr­zehn­ten wur­de die Ener­gie­ef­fi­zienz ste­tig vo­ran­ge­trie­ben. Vor dem Hin­ter­grund des kli­ma­po­li­ti­schen Ziels, bis 2045 in Deutsch­land die Kli­ma­neu­tra­li­tät zu er­rei­chen, sind neue Kon­zep­te für die Ze­ment­her­stel­lung hin zu CO2-neu­tra­lem Ze­ment und Be­ton not­wen­dig.

Klimasünder Zementklinker

Das größ­te Pro­blem bei der Ze­ment­her­stel­lung ist das Vor­pro­dukt Ze­ment­klin­ker. Von den 54 Ze­ment­wer­ken in Deutsch­land ha­ben 33 ei­ne ei­ge­ne Klin­ker­er­zeu­gung. Ze­ment­klin­ker ent­steht durch die Ent­säu­e­rung von Kalk­stein, der aus Stein­brü­chen ge­won­nen und bei 1.450 Grad Cel­si­us zu Brannt­kalk ver­ar­bei­tet wird. Brannt­kalk ist ei­ne Vor­stu­fe des Ze­ment­klin­kers, aus dem dann Ze­ment ent­steht. Be­reits die ho­hen Pro­zess­tem­pe­ra­tu­ren ge­hen mit ei­nem ho­hen Ener­gie­be­darf ein­her. Je nach ein­ge­setz­tem Brenn­stoff ent­ste­hen da­bei un­ter­schied­lich gro­ße Men­gen CO2. Al­ler­dings setzt auch der Kalk­stein CO2 frei, wenn er ge­brannt wird. Tat­säch­lich ent­ste­hen zwei Drit­tel des frei­ge­setz­ten Treib­haus­ga­ses aus dem Ma­te­ri­al selbst und nur ein Drit­tel durch den ein­ge­setz­ten Ener­gie­trä­ger. Die­se CO2-Emis­si­o­nen sind pro­zess­be­dingt und un­ver­meid­bar. Die Pro­duk­ti­on ei­ner Ton­ne Ze­ments nach den heu­ti­gen tech­ni­schen Stan­dards setzt in der Fol­ge rund 600 Ki­lo­gramm CO2 frei. Die Ge­samt­emis­si­o­nen der deut­schen Ze­ment­in­dus­trie lie­gen bei et­wa 20 Mil­li­o­nen Ton­nen CO2 pro Jahr, was in et­wa zwei Pro­zent der deut­schen Ge­samt­emis­si­o­nen ent­spricht. Glo­bal be­trach­tet ent­ste­hen durch die Ze­ment­her­stel­lung pro Jahr 2,8 Mil­li­ar­den Ton­nen CO2. Das sind rund acht Pro­zent des glo­ba­len CO2-Aus­sto­ßes. Die­se Zah­len ver­deut­li­chen die Not­wen­dig­keit, neue Tech­no­lo­gien für ei­ne kli­ma­neu­tra­le Ze­ment­her­stel­lung zu fin­den.

Nicht alle CO2-Emissionen sind vermeidbar

Die deut­sche Ze­ment­in­dus­trie hat es in den ver­gan­ge­nen 30 Jah­ren be­reits ge­schafft, die CO2-Emis­si­o­nen des Her­stel­lungs­pro­zes­ses um ein Vier­tel zu re­du­zie­ren. Dies ge­lang durch die Ver­rin­ge­rung des Klin­ker­ge­halts im Ze­ment und den zu­neh­men­den Ein­satz bio­mas­se­hal­ti­ger Brenn­stof­fe. Der Ver­ein Deut­scher Ze­ment­wer­ke (VDZ) hat in ei­ner Stu­die die Pfa­de für ei­ne De­kar­bo­ni­sie­rung von Ze­ment und Be­ton bis zum Jahr 2050 be­rech­net. Beim Ein­satz der heu­te ver­füg­ba­ren CO2-Min­de­rungs­tech­no­lo­gien, ei­ner deut­li­chen Stei­ge­rung der ther­mi­schen Ef­fi­zienz im Her­stel­lungs­pro­zess, ei­nem zu­sätz­lich ge­stei­ger­ten Ein­satz von bio­mas­se­hal­ti­gen, al­ter­na­ti­ven Brenn­stof­fen, neu nor­mier­tem CEM II/C-Ze­men­ten mit ver­rin­ger­tem Klin­ker­an­teil so­wie ei­nem res­sour­cen­ef­fi­zien­te­ren Ein­satz von Ze­ment durch Wei­ter­ent­wick­lun­gen im Bau­we­sen wä­re bis 2030 ei­ne Min­de­rung der CO2-Emis­si­o­nen um 40 Pro­zent und bis 2050 um 50 Pro­zent zum Re­fe­renz­jahr 1990 mög­lich.

An­ders aus­ge­drückt: Die ver­füg­ba­ren und die sich real ab­zeich­nen­den tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten rei­chen nicht aus, die CO2-Emis­si­o­nen in der Ze­ment­her­stel­lung voll­stän­dig zu ver­mei­den.

Carbon Management

Mit CO2-Abscheidung zu klimaneutralem Beton

Ne­ben dem Re­fe­renz­sze­na­rio hat der VDZ auch ein Sze­na­rio be­rech­net, das eine De­kar­bo­ni­sie­rung der Ze­ment­her­stel­lung er­mög­licht. Auf der ei­nen Sei­te steht auch hier die Markt­ein­füh­rung von neu­en Ze­men­ten, die nur noch einen Klin­ker­an­teil zwi­schen 35 bis 50 Pro­zent ent­hal­ten. Da­durch re­du­ziert sich auch das in der Be­ton­her­stel­lung frei­ge­setz­te Koh­len­di­o­xid. Als Brenn­stoff für die Pro­zess­tem­pe­ra­tu­ren wird in die­sem Sze­na­rio grü­ner Was­ser­stoff ein­ge­setzt. Ent­schei­dend sind al­ler­dings die Ab­schei­dung und Spei­che­rung be­zie­hungs­wei­se Nut­zung der aus dem Pro­zess ent­ste­hen­den un­ver­meid­ba­ren CO2-Emis­si­o­nen. Durch die Nut­zung der Carbon Ma­nage­ment-Tech­no­lo­gien CCS (Carbon Capture and Storage) und CCU (Carbon Capture and Utilization) könn­te laut Sze­na­rio der CO2-Aus­stoß bis zum Jahr 2030 um 45 Pro­zent und bis 2050 zu 100 Pro­zent re­du­ziert wer­den.

Klar ist da­bei: Die tech­ni­schen Po­ten­zi­a­le, um bei der Her­stel­lung von Ze­ment die CO2-Emis­si­o­nen so weit wie mög­lich he­run­ter­zu­set­zen, müs­sen ge­ho­ben wer­den. Den­noch blei­ben 2050 der Sze­na­rio-Be­rech­nung zu­fol­ge 10,4 Mil­li­o­nen Ton­nen un­ver­meid­ba­re CO2 pro Jahr, die durch CCU/S-Tech­no­lo­gien ein­ge­la­gert bzw. der in­dus­tri­el­len Wei­ter­ver­wer­tung zu­ge­führt wer­den.

CCU ermöglicht die Nutzung von CO2 als Rohstoff

Nutzung von CO2

Schwer ver­meid­ba­res CO2 kann für in­dus­tri­el­le Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se als Roh­stoff ge­nutzt wer­den.

Geologische Speicherung von CO2

Speicherung von CO2

Die geo­lo­gi­sche Spei­che­rung von CO2 kann ein wich­ti­ger Bau­stein für ei­ne kli­ma­neu­tra­le Wirt­schaft sein.

Erste Demonstrationsanlage in Norwegen

Das Un­ter­neh­men Hei­del­berg Materials zeigt an sei­nem Ze­ment­werk am nor­we­gi­schen Stand­ort Brevik, dass es sich bei der CCS-Tech­no­lo­gie um ein prak­ti­kab­les und ein­satz­fä­hi­ges Ver­fah­ren han­delt. 2023 in­te­griert Hei­del­berg Materials die CCS-An­la­ge in das be­ste­hen­de Werk. Ab 2024 sol­len dann jähr­lich 400.000 Ton­nen CO2 aus der Ze­ment­pro­duk­ti­on ab­ge­schie­den wer­den. Das ent­spricht 50 Pro­zent der Emis­si­o­nen des Werks.

Das Ze­ment­werk in Brevik ist Teil des Longship-Pro­jekts, mit dem Nor­we­gen die dau­er­haf­te Ein­la­ge­rung von CO2 un­ter dem Mee­res­bo­den der Nord­see vo­ran­treibt. Das ab­ge­schie­de­ne CO2 wird per Schiff vom Werk zur Ein­spei­se­an­la­ge auf ho­her See trans­por­tiert. Die La­ge di­rekt am Meer prä­des­ti­niert das Werk für die­se Vor­rei­ter­rol­le in puncto kli­ma­neu­tra­le Ze­ment­her­stel­lung.

In Deutsch­land ist zu­nächst der Auf­bau ei­ner CO2-Trans­port­in­fra­struk­tur ei­ne wich­ti­ge Vo­raus­set­zung, um die tech­ni­sche Abscheidung von CO2 sinn­voll ein­zu­set­zen. Ers­te Pro­jek­te zum Auf­bau die­ser In­fra­struk­tur lau­fen be­reits.

Dekarbonisiertes Zementwerk Heidelberg

Zementindustrie auf dem Weg zur Klimaneutralität

Ins­ge­samt spielt die De­kar­bo­ni­sie­rung der Ze­ment- und Be­ton­her­stel­lung ei­ne wich­ti­ge Rol­le für die Trans­for­ma­ti­on der In­dus­trie hin zur Kli­ma­neu­tra­li­tät. Ze­ment wird wei­ter­hin un­ver­zicht­bar sein ­– für Häu­ser, für Brü­cken, für Fun­da­men­te von z. B. Wind­kraft­an­la­gen. Ein schnel­ler Um­stieg auf er­neu­er­ba­re Ener­gien und ein be­schleu­nig­ter Aus­bau der Ener­gie­er­zeu­gung sind für die De­kar­bo­ni­sie­rung der Ze­ment­pro­duk­ti­on un­er­läss­lich. Der gro­ße He­bel ist der Um­gang mit CO2, das nicht ver­mie­den wer­den kann. Die Ab­schei­dung und Nut­zung von Koh­len­di­o­xid, z. B. wei­ter­ver­ar­bei­tet als Me­tha­nol, er­mög­licht den Auf­bau ei­ner CO2-Kreis­lauf­wirt­schaft und den Schul­ter­schluss mit an­de­ren In­dus­trien. Es gilt, al­le mög­li­chen tech­ni­schen Po­ten­zi­a­le zu nut­zen.

Cookies
Verwalten Sie Ihre Cookie-Einstellungen
Wir verwenden Cookies, um Ihnen eine optimale Nutzung unseres Internetangebots zu ermöglichen. Dazu zählen Cookies, die für den sicheren und technischen Betrieb der Website notwendig sind, sowie solche, die zu anonymen Statistikzwecken genutzt werden. Einige Informationen zur Verwendung unserer Website geben wir an Partner für soziale Medien und Werbung weiter. Unsere Partner führen diese Informationen möglicherweise mit weiteren Daten zusammen, die Sie ihnen bereitgestellt haben oder die sie im Rahmen Ihrer Nutzung der Dienste gesammelt haben.

In den folgenden Cookie-Zustimmungsoptionen können Sie die Cookies verwalten und zusätzliche Kategorien zulassen. Indem Sie auf den Button "Alle Cookies akzeptieren" klicken, werden alle Kategorien von Cookies aktiviert. Ihre Einwilligung können Sie jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Ihre Auswahl: