Nutzung von CO2: Rohstoff statt Abfall

In der Na­tur ist Koh­len­stoff­di­o­xid (CO2) in gro­ßen Men­gen und in ei­ner Viel­zahl na­tür­li­cher Pro­zes­se zu fin­den. Um die­se Res­sour­cen aber zu scho­nen und kei­ne zu­sätz­li­chen CO2-Emis­si­o­nen zu ge­ne­rie­ren, kann das CO2, dass mit CCU – Carbon Capture and Utilization – ge­won­nen wird, in ei­nen wirt­schaft­li­chen Koh­len­stoff­kreis­lauf ein­ge­bet­tet wer­den und da­mit zum ei­nen die in­dus­tri­el­le Roh­stoff­ba­sis er­wei­tern und zum an­dern den Ein­satz von fos­si­len Res­sour­cen re­du­zie­ren.

CO2 als Rohstoff

Ab­ge­schie­de­nes CO2 ist ei­ne Koh­len­stoff­quel­le, die künf­tig als Roh­stoff­quel­le für in­dus­tri­el­le Pro­zes­se die­nen und Koh­len­stoff aus fos­si­len Quel­len er­set­zen kann.

CO2 hat zahl­rei­che stoff­li­che Ei­gen­schaf­ten, die für ei­ne Ver­wen­dung als Roh­stoff vor­teil­haft sind. So ver­fügt das Gas über ei­ne ho­he Ka­pa­zi­tät zur Wär­me­auf­nah­me, ist von sei­ner Struk­tur sta­bil und nicht re­ak­tiv und kann als Lö­sungs­mit­tel ein­ge­setzt wer­den. Ein­satz­ge­bie­te fin­den sich in der Le­bens­mit­tel- und Ge­trän­ke­pro­duk­ti­on, in der Me­tall­be­ar­bei­tung, bei Kühl­pro­zes­sen, in der che­mi­schen Rei­ni­gung, der Brand­be­kämp­fung, Was­ser­auf­be­rei­tung oder im Ge­sund­heits­we­sen.

Das Bild zeigt die Hände eines Chemielobaranten in den sich das weiße Granulat eines chemischen Produktes befindet. Im Hintergrund ist unscharf ein großer Sack mit dem Granulat zu erkennen. Auf dem Bild steht geschrieben: Webinar CO2 als Rohstoff.

Bye Bye, CO2: CO2 als Rohstoff

In un­se­rer We­bi­nar­rei­he "Bye Bye, CO2" wid­men wir uns dem The­ma Carbon Ma­nage­ment – von den Grund­la­gen über Ab­schei­de-Tech­no­lo­gien und den Auf­bau der be­nö­tig­ten In­fra­struk­tur bis hin zu si­cher­heits­re­le­van­ten As­pek­ten und den re­gu­la­to­ri­schen Rah­men­be­din­gun­gen für CCU und CCS in Deutsch­land und Eu­ro­pa.

In die­ser Fol­ge fo­kus­sie­ren wir uns auf Tech­no­lo­gien zur CO2-Nut­zung so­wie de­ren wirt­schaft­li­che Po­ten­zi­a­le und He­raus­for­de­run­gen. CO2 kann als Roh­stoff in ver­schie­de­nen In­dus­trien ge­nutzt wer­den, bei­spiels­wei­se zur Her­stel­lung von Kraft­stof­fen, Che­mi­ka­lien und Bau­ma­te­ri­a­lien. Die­se An­sät­ze kön­nen nicht nur da­bei hel­fen, CO2-Emis­si­o­nen zu re­du­zie­ren, son­dern auch neue wirt­schaft­li­che Po­ten­zi­a­le zu er­schlie­ßen.

Carbon Capture and Utilization

Quellen und Nutzung

Carbon Capture and Utilization (CCU) ist die Nut­zung des Koh­len­stoffs aus ab­ge­schie­de­nem CO2. Müs­sen heu­te die Be­dar­fe für Koh­len­stoff als Roh­stoff meist durch die För­de­rung von fos­si­len Roh­stof­fen ge­deckt wer­den, kann der Koh­len­stoff, der bei CCU ge­nutzt wird, den aus fos­si­len Quel­len stam­men­den Koh­len­stoff er­set­zen.

CO2 wird in ei­ni­gen In­dus­trien als wich­ti­ger Roh­stoff ge­nutzt. So wird es bei­spiels­wei­se für die Her­stel­lung von Ba­sis­che­mi­ka­lien wie Po­ly­ethy­len, Po­ly­pro­py­len, Etha­nol oder Po­ly­o­len für Po­ly­u­re­than und als Aus­gangs­stoff für ei­ne Viel­zahl von Zwi­schen- und End­pro­duk­ten ge­nutzt. Da­zu ge­hö­ren Lö­sungs­mit­tel für die Ver­wen­dung in La­cken, Kleb­stof­fen oder Rei­ni­gern, Harn­stoff, zum Bei­spiel für die Kos­me­tik­in­dus­trie und als Dün­ge­mit­tel in der Land­wirt­schaft, oder Plas­tik für Hart­schäu­me, wie et­wa für Dämm­stof­fe an Ge­bäu­den. Au­ßer­dem wird CO2 ge­mein­sam mit Was­ser­stoff für die Pro­duk­ti­on von syn­the­ti­schen Kraft­stof­fen ver­wen­det. Auch in Mi­ne­ra­li­sie­rungs­tech­no­lo­gien, zum Bei­spiel für Bau­stof­fe oder in der Le­bens­mit­tel­in­dus­trie, gibt es mitt­ler­wei­le Ver­fah­ren zur Her­stel­lung von Pro­duk­ten, die CO2 als wich­ti­gen Bau­stein nut­zen.

CCU macht CO2-Emis­si­o­nen nutz­bar und kann da­mit ins­be­son­de­re die Roh­stoff­ba­sis für die In­dus­trie er­wei­tern, fos­si­le Koh­len­stoff­quel­len er­set­zen so­wie ei­nen wich­ti­gen Bei­trag zu ei­ner Kreis­lauf­wirt­schaft leis­ten. Nicht nur die Funk­ti­on als CO2-Sen­ke, son­dern pri­mär als Sub­sti­tut für fos­si­len Koh­len­stoff ist der Vor­teil von CCU.

Als Quel­len für das auf der Ba­sis von CCU-Pro­zes­sen ge­won­ne­ne und ge­nutz­te CO2 kom­men ins­be­son­de­re in­dus­tri­el­le Punkt­quel­len (z. B. Ze­ment­wer­ke), Bio­gas-An­la­gen (mit BECCU) oder die Um­ge­bungs­luft (mit DACCU) in­fra­ge.

Ein wich­ti­ger As­pekt ist die Öko­bi­lanz bzw. die CO2-Bi­lanz ei­nes Pro­duk­tes, das auf der Ba­sis von CCU-Pro­zes­sen her­ge­stellt wird. Die­se Bi­lanz, mit der nach­voll­zo­gen wer­den soll, wel­che CO2-Emis­si­o­nen ein Pro­dukt von der Her­stel­lung bis zur Ent­sor­gung ver­ur­sacht, ist ein wich­ti­ges Ins­tru­ment zur Mes­sung des tat­säch­li­chen Bei­trags zum Kli­ma­schutz. Die CO2-Bi­lanz wird auch Le­bens­zy­klus­ana­ly­se (Life Cycle Assessment, LCA) ge­nannt.

Pro­duk­te, die für ih­re Her­stel­lung Koh­len­stoff be­nö­ti­gen, der zur­zeit meis­tens aus fos­si­len Roh­stof­fen ge­won­nen wird, ha­ben meist ei­nen ho­hen CO2-Fuß­ab­druck. Die­ser Fuß­ab­druck kann durch den Ein­satz von Koh­len­stoff, der über CCU ge­won­nen wur­de, ver­klei­nert wer­den.

Kohlenstoff als Rohstoffe: Verfügbarkeit und Nachfrage

Koh­len­stoff aus CCU-Pro­zes­sen wird glo­bal ein gro­ßes Men­gen­po­ten­zi­al zu­ge­schrie­ben. Da­bei spie­len eta­b­lier­te und be­reits ge­nutz­te An­wen­dun­gen, wie et­wa die Nut­zung von CO2 als Ba­sis für syn­the­ti­sche Kraft­stof­fe oder Pro­duk­te aus der Che­mie, ei­ne we­sent­li­che Rol­le. Aber auch neue An­wen­dun­gen wie et­wa die Pro­te­in­her­stel­lung aus CO2 oder die Ver­wen­dung von CO2 in Bau­stof­fen wer­den neue Nut­zungs­po­ten­zi­a­le für Kohlen­stoff­dioxid aus CCU-Pro­zes­sen dar­stel­len.

Die zu­künf­ti­gen Be­dar­fe hän­gen ins­be­son­de­re von der zu­künf­ti­gen Tech­no­lo­gie­ent­wick­lung so­wie von Trans­for­ma­ti­ons­pfa­den zur De­fos­si­li­sie­rung der In­dus­trien ab. So wird für 2030 und 2050 ein glo­ba­ler Be­darf von CO2 als Roh­stoff auf 0,6 Mrd. Ton­nen bzw. 6,1 Mrd. Ton­nen ge­schätzt. Da­bei wer­den vor al­lem in­dus­tri­el­le Punkt­quel­len ei­nen Groß­teil der CO2-Men­gen lie­fern. In Deutsch­land wird der Be­darf auf 234–423 Mio. Ton­nen Kohlen­stoff­dioxid pro Jahr ge­schätzt. Al­lein die deut­sche Che­mie­in­dus­trie be­zif­fert ih­ren Be­darf für CO2 als Roh­stoff auf fast 52 Mio. Ton­nen im Jahr 2045.

Ei­ne ak­tu­el­le Über­sicht zu ak­tu­ell lau­fen­den Pro­jek­ten zur CO2-Nut­zung ist auf der Pro­jekt­sei­te von CO2-Win zu fin­den. CO2-Win ist ein Pro­jekt­vor­ha­ben der DECHEMA Ge­sell­schaft für Che­mi­sche Tech­nik und Bio­tech­no­lo­gie e.V., das vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) ge­för­dert wird. Be­reits ab­ge­schlos­se­ne Pro­jek­te zur CO2-Nut­zung sind beim For­schungs­ins­ti­tut für Nach­hal­tig­keit – Helm­holtz-Zen­trum Pots­dam zu fin­den.

Einsatz in der Industrie

Welt­weit wer­den pro Jahr be­reits heu­te rund 230 Mil­li­o­nen Ton­nen CO2 in­dus­tri­ell ge­nutzt. Das Haupt­ein­satz­ge­biet ist die che­mi­sche In­dus­trie. Hier dient das Gas als Grund­stoff zur Her­stel­lung or­ga­ni­scher Ver­bin­dun­gen. Es wird bei­spiels­wei­se zur Pro­duk­ti­on von Harn­stoff oder Amei­sen­säu­re ein­ge­setzt. Da­rü­ber hi­naus wird die Her­stel­lung wei­te­rer Stof­fe aus CO2 er­forscht.

Das bis­lang in der che­mi­schen In­dus­trie ein­ge­setz­te CO2 stammt zum gro­ßen Teil aus den vor­ge­schal­te­ten Pro­zes­sen der Am­mo­ni­ak-Her­stel­lung, bei de­nen CO2 als Ne­ben­pro­dukt an­fällt, oder aus na­tür­li­chen Quel­len, aus de­nen es als Koh­len­säu­re ge­för­dert wird. Das Po­ten­zi­al von CO2 aus in­dus­tri­el­len Ab­ga­sen als al­ter­na­ti­ve Koh­len­stoff­quel­le steigt im Zu­ge der zu­neh­men­den De­fos­si­li­sie­rung der In­dus­trie.

Das bes­te Bei­spiel da­für bie­tet die Harn­stoff­syn­the­se aus Am­mo­ni­ak und Koh­len­di­o­xid. Am­mo­ni­ak ist ei­ne che­mi­sche Ver­bin­dung aus Was­ser­stoff und Stick­stoff. Der Was­ser­stoff wird heu­te zum gro­ßen Teil aus Erd­gas ge­won­nen. Da­bei ent­steht das CO2, das bei der spä­te­ren Harn­stoff­syn­the­se wie­der­ver­wen­det wird. Am­mo­ni­ak hat al­ler­dings im Zu­ge des welt­wei­ten Hoch­laufs der grü­nen Was­ser­stoff­wirt­schaft ei­ne ho­he Be­deu­tung, um Was­ser­stoff über lan­ge Stre­cken zu trans­por­tie­ren. Der Am­mo­ni­ak in der Harn­stoff­syn­the­se lässt sich so­mit pers­pek­ti­visch durch grü­nen Am­mo­ni­ak er­set­zen. In die­sem Fall ist dann ei­ne al­ter­na­ti­ve CO2-Quel­le not­wen­dig. Hier er­gibt sich das Po­ten­zi­al für ei­ne CCU-Pro­zess­ket­te.

Durch ei­ne Um­stel­lung auf die Nut­zung von ab­ge­schie­de­nem CO2 hat die che­mi­sche In­dus­trie ins­ge­samt das Po­ten­zi­al, von ei­ner CO2-Quel­le zu ei­ner CO2-Sen­ke zu wer­den. Doch auch wei­te­re Bran­chen ar­bei­ten an ei­ner Nut­zung von CO2 als Roh­stoff. Ein Bei­spiel bie­tet die Ze­ment­in­dus­trie: Hier kön­nen aus CO2 und Me­tall­oxi­den her­ge­stell­te Kar­bo­na­te Koh­len­di­o­xid lang­fris­tig bin­den, auch wenn bei der Ze­ment­her­stel­lung pro­zess­be­dingt auch wei­ter­hin CO2-Emis­si­o­nen ent­ste­hen.

Produktion von E-Fuels und synthetischem Methan

Das Ein­satz­ge­biet von CO2 mit dem größ­ten Po­ten­zi­al ist die Her­stel­lung von E-Fuels. Die­se kön­nen erd­öl­ba­sier­te Kraft­stof­fe im Markt sub­sti­tu­ie­ren. E-Fuels kön­nen zur De­fos­si­li­sie­rung des Mo­bi­li­täts­sek­tors bei­tra­gen. Denn wäh­rend sich Pkw für ei­ne Elek­tri­fi­zie­rung des An­triebs an­bie­ten, sind an­de­re Ver­kehrs­mit­tel wie Flug­zeu­ge trotz lau­fen­der For­schun­gen der­zeit noch auf Ke­ro­sin an­ge­wie­sen. Dies kann als E-Ke­ro­sin aus re­ge­ne­ra­tiv er­zeug­ter Ener­gie und CO2 ent­ste­hen.

Was­ser­stoff lässt sich zu­dem mit­hil­fe von CO2 me­tha­ni­sie­ren. Die­ses syn­the­tisch her­ge­stell­te Gas bie­tet den Vor­teil, dass es von sei­ner Struk­tur dem kon­ven­ti­o­nel­len Erd­gas ent­spricht. Es lässt sich da­her un­be­grenzt in die be­ste­hen­de Gas-In­fra­struk­tur ein­spei­sen und kann hier zur De­fos­si­li­sie­rung des Ener­gie­trä­gers bei­tra­gen.

Abscheidung von CO2

Abscheidung von CO2

Ver­schie­de­ne Ver­fah­ren zur CO2-Ab­schei­dung er­mög­li­chen die Trans­for­ma­ti­on hin zur de­fos­si­li­sier­ten In­dus­trie.

Transport von CO2

Infrastruktur für CO2

Ei­ne pas­sen­de In­fra­struk­tur er­mög­licht den trans­na­ti­o­na­len CO2-Trans­port von Emit­ten­ten zu tech­ni­schen Sen­ken.

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