Für die Realisierung des Markthochlaufs treibhausgasarmen Wasserstoffs muss der energiewirtschaftliche Regulierungsrahmen angepasst und optimiert werden. Dies betrifft vor allem eine passende und technologieoffene Legaldefinition im Energiewirtschaftsrecht und Änderungen weiterer Rechtsnormen wie KWK-G oder GEG sowie die Anpassung der technischen Regeln und Normen für eine Wasserstoff-Readiness der Gas-Infrastruktur.
Das Bundeskabinett hatte im Februar 2021 einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht beschlossen. Der Gesetzesentwurf sah eine strikte Trennung von Erdgas- und Wasserstoffnetzen vor. Damit lehnte die Bundesregierung eine gemeinsame Finanzierung des Aufbaus der Wasserstoffinfrastruktur durch Erdgas- und Wasserstoffkunden mit Verweis auf EU-Recht ab. Da aber noch keine neue EU-Gesetzesgrundlage vorliegt, folgte im Juni die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), um eine deutsche H2-Infrastruktur schrittweise aufzubauen.
Dabei wird nun Wasserstoff als eigenständiger Energieträger neben Gas gestellt und gilt so für reine Wasserstoffleitungen, soweit er zur leitungsgebundenen Energieversorgung verwendet wird – für die Beimischung von H2 ins Gas-Netz bleibt der bisherige Rechtsrahmen bestehen. Auch Wasserstoffnetze, die von der Dimensionierung nicht von vornherein auf die Versorgung bestimmbarer, schon bei der Netzerrichtung feststehender oder bestimmbarer Kunden ausgelegt sind, sondern grundsätzlich für die Versorgung jedes Kunden offenstehen, werden nun eigenständig betrachtet. Ebenso werden Wasserstoffspeicheranlagen separat aufgeführt.
Das EnWG sieht für Netz-Betreiber (Bestand, neu oder Umstellung) ein einmaliges und unwiderrufliches Wahlrecht, dass ganzheitlich für den Betreiber, nicht für einzelne Leitungen gilt, vor. Sie können sich dafür entscheiden, ob sie der neu eingeführten Regulierung von Wasserstoffnetzen unterliegen wollen oder nicht. Entscheidet sich ein Netzbetreiber gegen die Regulierung, wird er nicht von den Vorgaben hinsichtlich Netzzugang, Entgeltbildung und Entflechtung erfasst. Vermutlich wird diese Entscheidung nur vorläufigen Bestand haben, da der Gesetzgeber davon ausgeht, dass mittelfristig die Einführung einer umfassenden Regulierung für alle verbundenen Wasserstoffnetze notwendig wird. Insgesamt wirkt die Gesetzgebung an dieser Stelle etwas unentschlossen. Dennoch scheinen mit der Perspektive einer einheitlichen Regulierung von Gas- und Wasserstoffinfrastruktur die rechtlichen Grundlagen für den Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur aus dem bestehenden Gasnetz heraus gelegt worden zu sein.
Auf europäischer Ebene muss der weitere politische Prozess abgewartet werden: Anfang 2021 hatte die Europäische Kommission eine Konsultation zu ihrer Roadmap für ein Wasserstoff- und Gasmarkt-Dekarbonisierungspakets (Hydrogen and Gas Market Decarbonisation Package) initiiert. Im Juni folgte ein weiterer Konsultationsschritt, der die konkrete Überarbeitung der bestehenden Gasmarktregeln in einem legislativen "Wasserstoff- und Gasmarkt-Dekarbonisierungspaket" vorbereiten soll. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben sich dazu mit konkreten Aspekten eingebracht, die darauf abzielen
- die Gas-Marktregeln auf Wasserstoff anzuwenden, um dadurch v. a. Rechtssicherheit für Investoren zu schaffen,
- die Rolle der Gas-Fernleitungsnetzbetreiber so zu definieren, dass diese Wasserstoffinfrastrukturen (On- und Offshore) besitzen, betreiben und finanzieren dürfen, unabhängig davon, ob sie aus bestehender Gas-Infrastruktur umgewidmet oder neu gebaut wurde,
- eine geeignete Finanzierungs- und Entgeltregelungen für Gas-Fernleitungsnetzbetreiber zu schaffen, die die Deckung der Investitionskosten innerhalb eines regulatorischen Rahmens sicherstellen,
- eine Quote für grünes Gas einzuführen, die die Lieferanten dazu verpflichtet, einen definierten Anteil grüner Gase (z. B. Wasserstoff) in ihrem Portfolio bereitzustellen, um Anreize für den Einsatz grüner Gase und den Ausbau der entsprechenden Technologien zu schaffen,
- alle Energieinfrastrukturen (Strom, Gas und Wasserstoff) systemisch, technologieneutral und koordiniert zu planen, wobei für jede individuelle Bedarfssituation der effizienteste Infrastrukturtyp gewählt werden sollte,
- den zu schaffenden gesetzlichen Rahmen technologieoffen zu gestalten, um keine Technologien zu behindern oder zu benachteiligen.