Um die Bezugsquellen über den reinen Pipeline-Import zu erweitern, bedarf es neuer Wege und die finden sich über den Anschluss an den internationalen LNG-Markt. So kann auch Gas aus anderen Regionen importiert werden, die bisher nicht per Pipeline an den deutschen Markt angebunden sind. Im Jahr 2023 importierten die Länder der EU etwa 167,6 Mrd. m3 LNG (ohne Re-Exporte). Davon kamen rund 78 Mrd. m3 aus den USA, rund 21 Mrd. m3 aus Katar, 39 Mrd. m3 aus afrikanischen Ländern wie Nigeria, Algerien, Ägypten und Angola, rund 6 Mrd. m3 aus Norwegen und ca. 24 Mrd. m3 aus anderen Ländern.
Aktuell (Stand: März 2023) verfügt Europa über LNG-Import-Terminals (Regasifizierungsanlagen) mit einer Kapazität von 252 Milliarden Kubikmeter, womit etwa 40 Prozent des europäischen Erdgas-Bedarfs gedeckt werden könnten. In 2021 wurden etwa 17 Prozent des Erdgasbedarfs über LNG gedeckt. Zurzeit gibt es 45 LNG-Terminals inkl. Erweiterungen (Stand: März 2023) in Europa, weitere befinden sich aktuell in Bau und Planung. Die Zeichen für den flächendeckenden Einsatz von emissionsarmem LNG stehen gut und Europa verfügt so schon heute über eine gut ausgebaute Infrastruktur. Im laufenden Jahr 2023 sind laut IEEFA 19,5 Milliarden Kubikmeter an neuen Importkapazitäten in Betrieb genommen worden. Bis 2030 ist vorgesehen, die Menge an LNG, die per Tanker eingeführt, regasifiziert und in die Verteilnetze eingespeist werden kann, auf bis zu 406 Milliarden Kubikmeter zu erhöhen.
Der Ausbau der LNG-Import-Infrastruktur, insbesondere auch in Deutschland, ist vor allem wichtig, um eine resiliente Energieversorgung zu gewährleisten. Ein häufiges Missverständnis sind die Sicherheitsmargen, die oftmals als Überkapazitäten interpretiert werden. Um eine verlässliche und sichere Gas-Versorgung zu gewährleisten, muss die Kapazität von Gas jederzeit über die aktuelle Nachfrage hinausgehen. Damit wird die N-1-Sicherheit erfüllt – der Grundsatz, dass bei Ausfall eines zum Beispiel wesentlichen Versorgungsweges die Spitzenlast weiterhin bewältigt werden muss.
Solche Vorsichtsmaßnahmen sind notwendig, um unvorhergesehene Unterbrechungen wichtiger Versorgungswege, wie beispielsweise aus Norwegen, auffangen zu können. Die Explosion der Nord Stream-Pipeline und die Zerstörung der Pipeline zwischen Finnland und Estland haben nicht nur die Verwundbarkeit der Energieinfrastruktur deutlich gemacht, sondern zeigen auch die Bedeutung von Reservekapazitäten für die Gewährleistung der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung auf. Das ist gängige Praxis: Länder wie Japan und Korea haben LNG-Kapazitäten entwickelt, die ein Vielfaches ihres jährlichen Gasbedarfs ausmachen, und verdeutlichen damit die Bedeutung von Reservekapazitäten als Absicherung gegen potenzielle Versorgungsunterbrechungen und zur Sicherung eines liquiden Marktes.
Da es sich bei Import-Infrastrukturen zudem um technische Anlagen handelt, die gewartet und instandgehalten werden müssen. führen regelmäßige Wartungsintervalle zu einer Verringerung der Auslastung.