Seit dem Ukraine-Krieg hat Flüssigerdgas (LNG) aus den USA erheblich an Bedeutung gewonnen und ist nun ein zentraler Bestandteil der deutschen Gasversorgung. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW), ein privates Wirtschaftsforschungsinstitut, das sich für eine freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung einsetzt, beleuchtet in seinem Kurzbericht die Auswirkungen dieser Entwicklung.
Der sprunghafte Anstieg der Erdgaspreise seit Sommer 2021 und die durch den Einmarsch Russlands in die Ukraine ausgelöste globale Energiekrise haben die deutsche Industrie hart getroffen, insbesondere die energieintensiven Branchen. Trotz eines leichten Anstiegs des Produktionsniveaus aufgrund sinkender Energiepreise, ist das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht.
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine zwang Deutschland und andere europäische Länder zu einer grundlegenden Neuorganisation der Gasversorgung. Der Anteil russischer Gasimporte an den gesamten Gasimporten der EU sank von 45 Prozent im Jahr 2021 auf 14,8 Prozent im Jahr 2023. Diese Lücke konnte dank eines deutlichen Anstiegs der LNG-Importe, vor allem aus den USA, reduziert werden. Die USA lieferten 2023 fast die Hälfte des nach Europa importierten LNG und sind mittlerweile hinter Norwegen der zweitgrößte Gaslieferant der EU. Die neuen LNG-Terminals in Deutschland wurden zu 84 Prozent mit US-LNG beliefert, was etwa 13,5 Prozent der gesamten deutschen Gasimporte ausmacht.
Im Januar 2024 sprach die US-Regierung einen vorübergehenden Stopp für ausstehende Genehmigungen neuer LNG-Exportprojekte aus, um die ökologischen und ökonomischen Auswirkungen steigender LNG-Exporte zu überprüfen. Dieser Genehmigungsstopp wurde inzwischen durch ein Bundesgericht aufgehoben. Kurz- und mittelfristig wären keine negativen Auswirkungen auf die Gasversorgung in Deutschland und der EU zu befürchten gewesen, langfristige Versorgungsrisiken bleiben jedoch möglich.
Der enge LNG-Markt ist anfälliger für Preisschwankungen als die bisherigen Pipeline-Importe. Ein erneuter Anstieg der Gaspreise würde die Erholung der deutschen Wirtschaft stark beeinträchtigen, insbesondere die Grundstoffindustrie. Erdgas wird daher bis in die 2030er Jahre ein wichtiger Energieträger bleiben. Die LNG-Lieferungen aus den USA sind unverzichtbar, und langfristige Folgen eines möglichen Genehmigungsstopps könnten nicht ausgeschlossen werden.